Der Lebenslauf ist vielleicht das wichtigste Dokument der Bewerbungsunterlagen. In ihm sollten die bisherige berufliche Laufbahn sowie der Aus- und Weiterbildungsweg lückenlos dokumentiert sein. Er sollte zudem eine Orientierung darüber ermöglichen, welche Kompetenzen der Bewerber erworben hat und welche beruflichen Erfahrungen er mitbringt. Deshalb ist über die Angabe der Zeiträume hinaus eine inhaltliche Beschreibung der wichtigsten Stationen wichtig. Standard sind außerdem Angaben zur Person, die Kontaktdaten sowie ein Bewerbungsfoto. Manche Recruiter lesen den Lebenslauf noch vor dem Anschreiben. Schauen wir uns an, wie Recruiter den Lebenslauf lesen: Worauf achten Sie und worauf können Sie daraus schließen?
Die Gestaltung ist wichtig
Zunächst verschaffen Sie sich einen Überblick über das gesamte Dokument, in dem Sie alle Seiten kurz überblicken. Aufgrund des Bewerbungsfotos, des Schriftbildes und der grafischen Gestaltung der Seiten machen sie sich einen ersten Eindruck. Dieser wird auch daraufhin überprüft , inwieweit er mit der Erwartung übereinstimmt, die man an den Bewerber stellt. So wird man von einem Grafiker ein anderes Layout erwarten als von einem Buchhalten, von einem Rockmusiker ein anderes Bild als von einem Bankangestellten.
Bei der groben Durchsicht erkennen Sie bereits, ob der Lebenslauf eine einheitliche, klar einleuchtende und ästhetisch ansprechende Struktur besitzt. Der Lebenslauf soll sich auf den ersten Blick erschließen und schnell lesbar sein. Man möchte möglichst sofort verstehen, wo was zu finden ist und was wozu gehört. Negativ fällt auf, wenn das Schriftbild sehr unruhig und die Formatierung überladen ist, oder wenn beispielsweise Datumsangaben in verschieden Formaten geschrieben sind. Auch offensichtliche Fehler fallen schnell auf. Lange Textpassagen und unübersichtliche Gestaltung schrecken eher ab.
Recruiter lesen nach den Kriterien der Stellenausschreibung
Danach steigen die Recruiter tiefer in den Inhalt ein und überfliegen die Stationen des Berufsweges und der Ausbildung, wobei sie eine grobe Plausibilitätsprüfung vornehmen. Hier fällt auf, wenn es große Lücken gibt oder notwendige Angaben fehlen.
Bei der inhaltlichen Durchsicht wünscht man sich, dass die Kernkompetenz des Kandidaten klar erkennbar ist und die für die Stelle relevanten Kenntnisse explizit deutlich werden. Man prüft, ob der Kandidat die für die Stelle wichtigen und in der Stellenanforderung genannten Kriterien besitzt und ob er sie auch verständlich und klar gegliedert darstellen kann.
Recruiter geben sich große Mühe bei der Formulierung der Stellenausschreibung. Deshalb erwarten sie von den Bewerbern, dass sie die Stellenausschreibung detailliert gelesen und verstanden haben. Sie vergleichen daher die Angaben des Kandidaten mit den Anforderungen, gewichten die Erfahrungen anhand der angegebenen Zeiträume und Unternehmensnamen. Bekannte und renommierte Namen fallen natürlich auf, bei anderen Unternehmen wünscht man sich gerne Zusatzinformationen.
Was man sonst noch aus dem Lebenslauf lesen kann
Aufgrund dieser Durchsicht des Lebenslaufes macht sich der Recruiter ein erstes Bewerberprofil und erstellt eine vorläufige Bewertung des Kandidaten.Interessant wird es, wenn man danach fragt, was Recruiter zwischen den Zeilen des Lebenslaufes lesen. Denn er kann mehr preisgeben, als man zumeist denkt. Dass man bei den Unternehmen und Ausbildungsstätten renommierte Namen positiv registriert, liegt auf der Hand. Aber man schließt aus dem Lebenslauf weiter auf persönliche Eigenschaften.
Welche Schlüsse man aus dem Lebenslauf zieht
Ich möchte dazu einige einfache Beispiele nennen, die verdeutlichen können, wie man Schlussfolgerungen zieht:
– häufige, nach kurzer Zeit vollzogene Jobwechsel machen skeptisch, weil sie auf einen unsteten Charakter und auf eventuelle Integrationsprobleme des Kandidaten hinweisen;
– ein linearer Lebenslauf mit erkennbarer Aufstiegshistorie, verbunden mit wechselnden Beschäftigungsorten, deuten auf einen karrierebewussten Kandidaten hin;
– wer dagegen lange auf einem Posten in einem Unternehmen war, wird eher als stetig und zuverlässig bewertet werden;
– wer eine lange Weiterbildungshistorie zu bieten hat, wird eher als qualifizierte Fachkraft wahrgenommen, die auch bereit ist, neue Kenntnisse zu erwerben;
– wer lange in einem Unternehmen auf einer Position gearbeitet hat, wird sich vielleicht in einer anderen Unternehmenskultur schwer zurechtfinden.
Solche Überlegungen machen sich Personaler anhand eines Lebenslaufes, wenn sie ihn eingehend studieren. Gehen Sie davon aus, dass alles was im Lebenslauf steht, gelesen und in Hinblick auf die Stelle interpretiert wird. Das geht bis zu den Hobbies und Interessen, die mancher in seinem Lebenslauf nennt.
Welche Fragen sich fürs Vorstellungsgespräch ergeben
Viele Fragen, die im Vorstellungsgespräch gestellt werden, ergeben sich für die Recruiter aus dem Lebenslauf. So werden oftmals die Punkte, an denen sich etwas im Berufsleben verändert hat, hinterfragt.Es stellt sich die Frage, wodurch die Veränderung zustande gekommen ist: aus eigenem Antrieb oder durch äußere Umstände.
Das ist interessant, auch wenn die Entscheidungen sehr lange zurück liegen. Denn man geht davon aus, dass bestimmte Charakterzüge während eines Lebens zumeist konstant bleiben, so etwa die Art und Weise, wie wir Entscheidungen vorbereiten und treffen. Recruiter denken: Wenn sie wissen, wie sie die Entscheidungen für sich treffen, wissen sie auch, wie sie die Entscheidungen fürs Unternehmen treffen. Deshalb werden im Vorstellungsgespräch oft auch scheinbar lange zurückliegende Entscheidungs- oder Konfliktsituationen gerne hinterfragt.
Aber natürlich wird genauso danach gefragt werden, warum sich in bestimmten Zeiträumen keine Veränderung ergeben hat. Auch das ist interessant: warum bleibt jemand lang in einem Unternehmen auf einer Stelle? Die Antwort darauf sagt etwas über die Ziele aus, die ein Kandidat im Leben verfolgt.
Beim Lesen des Lebenslaufs die Haltung des Recruiters einnehmen
Der Lebenslauf bietet viele Anknüpfungspunkte für Mutmaßungen und Nachfragen. Wichtig für den Bewerber ist, dass man diese bereits im Kopf hat, wenn man den Lebenslauf erstellt. Nehmen Sie die Haltung eines Recruiters ein und lesen sie ihn selbst kritisch. Vielleicht können Sie so bereits einige kritische Punkte im Vorfeld identifizieren und durch geschicktes Umformulieren entschärfen.
Oder sie können Sie sich so auf kritische Nachfragen im Vorstellungsgespräch gezielt vorbereiten. Bereiten Sie die Antworten zu den Schlüsselpunkten Ihres Lebenslaufes für das Vorstellungsgespräch vor. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass Fragen dazu gestellt werden.