Der Transferberater

Transferberater

Fragen an den Transferberater Ekkehart Schaffer.

Seit nunmehr 20 Jahren sind Sie als Berater für Transfergesellschaften tätig. Das ist eine lange Zeit, in der Sie sicher viel erlebt haben. Aber lassen Sie uns zurückschauen an den Beginn Ihrer Tätigkeit. Wie sind Sie denn dazu gekommen, in der Transferberatung zu arbeiten?

Das war erstmal eher Zufall, wie es sich im Leben eben manchmal so ergibt. Ich hatte gerade meine Promotion abgegeben und war sozusagen in einer Orientierungsphase, so würde ich es heute nennen. Mit Freunden haben wir damals ein eigenes philosophisches Institut in Nürnberg gegründet, das Denkwerk. Das lief gut, aber schnell merkten wir: was wir einnehmen reicht nicht, um davon zu leben.
Als dann von einer ehemaligen Studentin, die inzwischen als Koordinatorin in einer Transfergesellschaft tätig war, eine Anfrage nach Beratern für eine Transfergesellschaft einging, sagte ich kurzerhand zu. Ohne Vorstellungsgespräch wurde ich verpflichtet. Ich fuhr dann zu dem Projekt, ohne wirklich zu wissen, was ich machen soll.
Zum Glück hatte ich wahnsinnig nette Kollegen, die mir unter die Arme griffen, wo es nur ging. So bin ich dann in die Aufgabe sozusagen hineingewachsen. Schnell habe ich gemerkt, dass mir die Tätigkeit liegt, und so bin ich dabeigeblieben. Inzwischen sind es schon 20 Jahre und ich habe viele Projekte mit sicher einigen hundert Teilnehmern betreut – und es macht immer noch Spaß.

Der Beruf des Transferberaters kommt nicht so häufig vor und viele können sich darunter vielleicht gar nichts vorstellen. Können Sie uns kurz beschreiben, was die Aufgaben eines Transferberater sind.

Lassen Sie mich mit dem beginnen, was eine Transfergesellschaft ist. In einer Transfergesellschaft werden Mitarbeiter betreut, die gerade ihren Arbeitsplatz verloren haben, weil es eine Werkschließung oder eine sonstige Betriebsänderung gab. Die Mitarbeiter wechseln dann für eine gewisse Zeit in eine Transfergesellschaft, in der sie Zeit haben sich neu zu orientieren, sich evtl. zu qualifizieren und eine neue Position zu finden. Während dieser Zeit betreue ich die Mitarbeiter und unterstütze sie. Ziel ist natürlich, dass die Mitarbeiter schnell wieder einen neuen Job oder eine andere klare Perspektive wie beispielsweise in einer Existenzgründung finden.

Können sie uns vielleicht konkret erläutern, was Sie mit den Mitarbeitern machen, damit wir uns das besser vorstellen können.

Zunächst führe ich viele Gespräche mit den Mitarbeitern, um sie kennenzulernen. Das ist da Wichtigste. Das schafft die Basis, um dann weiter über die berufliche Zukunft sprechen zu können. Im Weiteren unterstütze ich die Mitarbeiter dabei, neue berufliche Ziele zu finden. Wenn wir wissen, wohin es gehen soll, helfe ich bei den Bewerbungen. Wir erarbeiten also Bewerbungsunterlagen und bereiten Vorstellungsgespräche vor. Darüber hinaus versuche ich direkte Kontakte mit Firmen zu knüpfen, um Stellen zu finden. Auch bei Existenzgründungen helfe ich bei der Planung und dem Erstellen von Businessplänen.

Weiterhin führe ich auch Gruppenveranstaltungen mit den Mitarbeitern durch. Das können Seminare über Bewerbung und Kommunikation sein, aber auch einfach Gelegenheiten zum Erfahrungsaustausch. Viele Mitarbeiter finden es sehr bereichernd, sich mit ehemaligen Kollegen und anderen Betroffenen auszutauschen. In Coronazeiten mussten wir das natürlich etwas einschränken bzw. in Onlineformate verlegen. Aber ich hoffe, das ändert sich wieder. Der direkte Kontakt ist natürlich immer intensiver.

Das klingt sehr interessant und vielfältig. Wie Sie oben beschrieben haben, sind Sie in die Aufgabe hineingewachsen. Was denken Sie war für Sie der Schlüssel, um in dieser Position erfolgreich arbeiten zu können?

Ich denke, das Wichtigste ist, mit den Menschen in einen guten Kontakt zu kommen. Jedem mit Respekt und Offenheit zu begegnen, das ist die Basis für alles weitere. Dafür habe ich sozusagen im learning by doing gelernt, meine Sprache an meine jeweilige Zielgruppe anzupassen. Am Anfang musste ich mich auch immer selbst daran erinnern, mehr mit Beispielen zu arbeiten. Denn von der Uni kannte ich eine sehr abstrakte Sprache, die hier einfach nicht angebracht war. Wie ich oben schon erwähnt hatte, bin ich ursprünglich Geisteswissenschaftler. Das sieht man vielleicht auf den ersten Blick wenig Berührungspunkte zum Transferberater. So habe ich das früher auch gedacht. Deshalb habe ich mich auch im Bereich Coaching und Training intensiv weitergebildet.

Aber inzwischen sehe ich doch, dass ich von meinem Studium mehr anwenden kann, als ich zunächst dachte. Das beginnt schon damit, dass ich schon mit der Leitung von Seminaren und Gruppenveranstaltungen vertraut war. Hinzu kommt, dass für uns Philosophen das Fragen immer wichtiger ist als das Antworten. Da sehe ich inzwischen viele Berührungspunkte zum Coaching. Vielleicht weil philosophische Fragen oft etwas ungewöhnlich sind, passen sie gut dazu, Menschen zum Nachdenken über ihre Situation zu bringen. Denn das steht immer am Beginn der Neuorientierung, sich über die aktuelle Situation Klarheit zu verschaffen und daraus Möglichkeiten und Ziele abzuleiten.

Natürlich braucht man als Berater auch Fachwissen über den Arbeitsmarkt und Bewerbungen, das ich mir angeeignet habe. Hier muss man auch immer am Ball bleiben und sich über neue Entwicklungen informieren. Weiterhin muss man ein gewisses Organisationsvermögen und die Fähigkeit zu systematischem Arbeiten mitbringen.

Haben Sie für sich im Laufe der Zeit gewisse Leitsätze oder Leitbegriffe für die Beratung entwickelt, an denen Sie sich orientieren und die Sie uns mitteilen können?

Da sind zunächst Respekt und Offenheit zu nennen, mit denen ich Menschen immer begegne. Aber speziell für die Beratung habe ich mir schon früh den Leitsatz einer Kollegin zu eigen gemacht: „Aktivierung statt Entmündigung“. Was ich mache, soll Hilfe zur Selbsthilfe sein. Deshalb berate und coache ich immer auf Augenhöhe und gebe keine Anweisungen, sondern biete Unterstützung an. Das Coaching soll den Coachee dazu befähigen, für sich selbst gute Entscheidungen zu treffen. Dabei gehe ich lösungsorientiert vor, also der Focus richtet sich darauf, gemeinsam mit dem Coachee eine Lösung für seine Situation zu finden. Meine Vorschläge zur Lösung begründe ich mit Argumenten, damit alles für den Coachee transparent ist und er selbständig entscheiden kann.

Was gefällt Ihnen an der Tätigkeit als Transferberater so gut, dass sie dabeigeblieben sind und nun schon 20 Jahre in dieser Funktion arbeiten?

Natürlich ist ein wichtiger Aspekt, dass man Menschen in einer Krisensituation helfen kann, was die Aufgabe an sich schon wertvoll macht. Ich glaube, dass die Transfergesellschaft eine gute Sache ist und für alle Seiten Nutzen bringt.

Aber mir fallen auf Anhieb zwei weitere Gründe ein. Zum einen ist es die Abwechslung, die die Tätigkeit bietet. Man lernt immer wieder neue Menschen kennen, mit denen man arbeitet; da gibt es wenig Routine. Denn die Gruppen der Mitarbeiter, die in die Transfergesellschaft kommen sind nicht homogen. Da kann es sein, dass man Produktionshelfer betreut und gleichzeitig auch Manager aus dem mittleren Management. Jedem in gleicher Weise gerecht zu werden, ist dabei eine Herausforderung. Zudem sind die Projekte immer wieder in anderen Branchen, so dass man sich in neue Berufsfelder einarbeiten muss. Das ist oft sehr spannend und abwechslungsreich, denn man lernt Berufe kennen, von denen man vorher noch nie gehört hatte.

Außerdem, und das ist der zweite Punkt, hat man eine gewisse Freiheit in der täglichen Arbeit. Man kann die Termine selbst organisieren. Wie ich die Beratung im Einzelnen gestalte, bleibt mir weitgehend überlassen. Hier zählt letztlich der Erfolg. Aber der gehört dazu, wie das Salz in der Suppe. Man freut sich natürlich über jeden und mit jedem Mitarbeiter, der eine neue Position gefunden hat.

Sie haben schon viele Branchen und Berufsgruppen kennengelernt. In welchen Branchen und mit welchen Mitarbeitern arbeiten Sie denn am liebsten?

Das kann ich gar nicht sagen. Weil es immer anders ist, kann man gar nicht von schöner oder besser sprechen. Jede Branche und jede Mitarbeitergruppe hat ihre Besonderheiten. Handwerker etwa wissen, dass nichts geschieht, wenn sie es nicht selbst erledigen; deshalb setzen sie Dinge schnell um. Ingenieure, die mit verantwortungsvollen Detailplanungen betraut waren, wägen dafür mehr ab, bevor sie eine Entscheidung treffen, die sie dann aber genau begründen können. In der Flugbranche dagegen ist die Identifikation mit der Branche besonders hoch. So macht man im Laufe der Zeit viele Erfahrungen.

Aber letztlich geht es immer um den einzelnen Menschen, auf den man sich einstellen muss. Und manchmal erlebt man da Überraschungen, dass sich jemand plötzlich ganz anders verhält, als man ihn eingeschätzt hatte.

Da haben Sie bestimmt schon einige kuriose Geschichten erlebt.

 Oh ja, in einem Projekt betreute ich einen Mitarbeiter, der kannte alle Moonwalker persönlich. Während des Projektes entschied er sich nicht mehr in seinem Beruf zu arbeiten, sondern ein privates Raumfahrtmuseum aufzumachen. Und dann erinnere ich mich an einen Betriebsmaler, den wir nur mit seinen farbverschmierten und öligen Arbeitsklamotten kannten. Der wurde dann Rosentänzer für einsame Frauen in einem großen Kurort. Das hätten wir niemals für möglich gehalten.

Ekkehart Schaffer

Dr. Ekkehart Schaffer

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